Samstag, 13. März 2010

Krebsnachlese: FEC Nr.5

Begann wie alle Anderen auch. Nur, dass es morgens auf der Fahrt ins Krankenhaus, schon herbstlich kühl und nebelig war. Kein Wunder, am 16. September.
Zuerst Guten Tag sagen bei der breast care nurse, Laborzettel abgeben, dann Zimmer beziehen, Gespräch und Untersuchung beim Chefarzt. Warten auf den nächsten Arzt, der den Port ansticht und erst mal das Dexamethason anhängt, 0,9% NaCl dazu, dann die Chemo selbst, wie immer Epirubicin zuerst. Alles Routine. Aber dann läuft irgendetwas verkehrt. Nach ca. 1/3 des Epirubicin wird mir komisch. Undefinierbar, nicht übel aber irgendwie schwach, müde, abnormal. Jede Chemo ist ein Überraschungsei, also denke ich mir nichts besonderes dabei. Ich liege im Bett, meine Mutter sitzt mir gegenüber und wir diskutieren über irgendwelche Ereignisse, lachen, scherzen, lästern. Ein paar Minuten später bekomme ich Schüttelfrost und werde tierisch müde. Kann kein Gespräch mehr fortsetzen und fühle mich hundeelend. Die Krankenschwester misst Blutdruck, Puls und Fieber, alles ok. Holt schliesslich die Ärztin, die erst mal die Epirubicin-Infusion beendet und mir Blut abnimmt. Schliesslich kommt auch noch die Oberärztin, aber so wirklich kann sich niemand erklären, was da gerade los ist. Ich bin müde, es juckt, ich verkrieche mich unter der Bettdecke und schlafe. Die Blutwerte sind in Ordnung, die Chemo soll mit den anderen beiden Substanzen weiter laufen. Ok, wird gemacht ich schlafe weiter. Als die Chemo durch ist schlafe ich immer noch. Meine Mutter möchte mich ins Auto packen und nach Hause fahren. Ich kann nicht. Ich will schlafen. Mir gruselt vor dem Gedanken das Bett zu verlassen, es fühlt sich an wie in Trance, wie auf einem Drogentrip. Die Welt dreht sich um meine Längsachse. Also wurde beschlossen, dass ich im Krankenhaus bleiben muß. Ich empfinde das als Segen, ich glaube, ich wäre so nicht bis zum Auto gekommen. Irgendwann kommt der Chefarzt noch einmal zur Visite, meint was von allergischer Reaktion und dass ich mehr Dexamethason nehmen soll. Danach schlafe ich wieder ein, werde nur kurz zwischendurch wach um aufs WC zu tapsen. Da ist es aber draussen schon dunkel, dann weckt mich die Nachtschwester kurz und will wissen wie es mir geht. Gefühlt nur einen Augenblick später steht die nächste Schwester neben meinem Bett und erzählt etwas von Chefarztvisite. Also muß es schon Donnerstag Morgen sein. Und schon ist die Visite da und auch gleich wieder weg, ich schlafe weiter. Rufe meine Mutter an, dass sie mich abholen kommen soll. Dann noch ein Gespräch mit dem Chefarzt, er weiß nicht, was diese Zustände verursacht. Zusammen mit dem Juckreiz könnte das eine allergische Reaktion sein, das hätte er aber in Zusammenhang mit Epirubicin noch nie gesehen. Gut, dann bin ich wieder einmal die erste. Inzwischen habe ich 17 Stunden beinahe am Stück geschlafen. Am Weg nach Hause bin ich wach, zuhause falle ich quasi aufs Sofa und schlafe weiter. Es juckt und mir ist kalt. Insgesamt zieht sich dieser Katastrophenzustand bis Samstag, dann kommen langsam die Lebensgeister wieder.
Erst Wochen später, bei der ersten Nachsorge erzählt mir eine Schwesternschülerin, dass sie in besagter Nacht in 15min-Abständen in mein Zimmer gucken musste, überwachen wie es mir geht. Ich habe nur ein einziges Mal mitbekommen.
Jedenfalls ist seit diesem Chemozyklus meine Neurodermitis mit voller Wucht zurück (falls sie jemals weg war), bis heute sind Juckreiz und Ekzeme wieder tägliches Thema.

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